Forschungsschwerpunkte

Wir verwenden Umwelt-DNA (eDNA), d.h. DNA, die direkt aus Umweltproben wie Wasser oder Sedimenten extrahiert wurde, um die Dynamik von Ökosystemen und Populationen einzelner Arten zu untersuchen. Dies kann für aktuelle Ökosysteme erfolgen, z.B. durch Sammeln von Wasser oder Oberflächensedimenten aus Gewässern und auch für frühere Biota durch Extrahieren von DNA aus verschiedenen Tiefen in Sedimentkernen. Die von uns generierten Daten können Aufschluss über das Vorkommen von Arten und subspezifischen Genotypen geben und - wenn die DNA von ausreichender Qualität ist und unsere Reaktionen optimiert sind - einen Hinweis über die Abundanz zu verschiedenen Zeitpunkten geben. Auf diese Weise können wir die Geschichte der Ökosysteme verfolgen und möglicherweise ökologische Entwicklungspfade verfolgen, die bis in die Eiszeit zurückreichen. Unsere aktuelle Arbeit konzentriert sich auf folgende Themen:

Arktische Paläoökologie

Die Arktis erlebt derzeit dramatische Veränderungen als Reaktion auf die starke Klimaerwärmung in hohen Breiten, sowohl in terrestrischen als auch in aquatischen Ökosystemen. Dies wird unmittelbare Auswirkungen auf die Ökosystemleistungen im Zusammenhang mit der Lebensmittelproduktion, der Klimaregulierung, den natürlichen Ressourcen und der kulturellen Integrität haben. Aufgrund einer möglichen Verkleinerung der Tundra-Ökosysteme und der Ausbreitung bewaldeter Gebiete wird das Auswirkungen auf das Klima - wahrscheinlich eine stärkere Erwärmung durch verstärkte Albedo-Effekte - und auf die Biodiversität haben, sowohl auf der Ebene der Arten als auch der Genotypen. Wir untersuchen vormalige Ökosystemveränderungen durch die Analyse alter Umwelt-DNA aus Sedimentablagerungen. Unser aktuelles Projekt "Future ArcTic Ecosystems (FATE

)", das im Rahmen der

BiodivScen

-Förderung von

BiodivERsA

und des

Belmont-Forums

finanziert wird, verfolgt Pflanzen und Herbivoren durch die Zeit seit dem Pleistozän, um die jeweiligen Auswirkungen von Klima, Herbivorie und menschlicher Nutzung auf arktische Ökosysteme zu verstehen.

Auswirkungen von (vergangenen) Klimaänderungen und anthropogenem Einfluss auf aquatische Ökosysteme

Aquatische Ökosysteme haben im letzten Jahrhundert weltweit dramatische Veränderungen erlebt, mit einem Rückgang der Süßwasserpopulationen um über 80% seit 1970 und einer umfassenden Umstrukturierung der Funktion aquatischer Ökosysteme. Nach jahrzehntelangem Druck durch direkte anthropogene Einflüsse wie Wasserverschmutzung und Nährstoffanreicherung, sind aquatische Ökosystem nun zusätzlich den Auswirkungen des globalen Klimawandels ausgesetzt. Während Veränderungen der biologischen Vielfalt auf Artenebene am sichtbarsten und auffälligsten sind - durch den Rückgang der Artenzahlen und einer erhöhten Aussterberate - gehören auch ein Verlust und eine Veränderung der genetischen Vielfalt zu den aktuellen Entwicklungen. Erhöhter und spezifischer selektiver Druck kann auch als Treiber von evolutionärem Wandel wirken. Während es schwierig ist, die aktuellen Veränderungen direkt in ihrer zeitlichen Abfolge zu untersuchen, können wir aus der dynamischen Geschichte aquatischer Ökosysteme lernen. Diese Geschichte umfasst oftmals sowohl frühere Klimaänderungen als auch frühe anthropogene Beeinflussung. Untersuchungen von früheren aquatischen Lebensgemeinschaften und ihrer Reaktionen auf sich ändernde Umweltbedingungen kann wichtige Daten für den Erhalt und die Renaturierung von Gewässern bieten.

Gegenwärtig untersuchen wir insbesondere die (prä-)historischen Veränderungen des Bodensees, der in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Phase der Eutrophierung und Re-oligotrophierung durchlaufen hat, und der mehrere Klimaschwankungen sowie eine intensive und frühe Besiedlung durch den Menschen erlebt hat. Im Rahmen der Research Training Group R3 und in Zusammenarbeit mit dem Institut für Seeforschung, dem Landesamt für Denkmalpflege sowie den Universitäten Braunschweig und Bern untersuchen wir Sedimentkerne aus den vergangenen Jahrhunderten und deren Reichweite zurück ins späte Pleistozän. Diese Analysen werden unter anderem auch von der Baden-Württembergischen Stiftung finanziert.

 

Biodiversitäts-Monitoring mit Umwelt-DNA

Die Verwendung von Umwelt-DNA zur Verfolgung von Organismen und zur Überwachung der Biodiversität ist ein wachsendes Feld mit vielen praktischen Anwendungen - und ein hervorragendes Beispiel für einen schnellen Wechsel von der Grundlagenforschung ohne unmittelbar sichtbaren praktischen Wert (wie der Nachweis von Mammuts in alten Sedimenten ohne sichtbare Überreste) bis hin zu immensen Auswirkungen auf den Erhalt der biologischen Vielfalt. Wir tragen mit Begeisterung zur Entwicklung und Anwendung von eDNA-basierten Assays für die Analyse von Wasser- und Sedimentproben bei. Wir arbeiten routinemäßig mit Metabarcoding, speziesspezifischen PCRs und der Quantifizierung über ddPCR. Derzeit arbeitet unsere Gruppe in Baden-Württemberg an endemisch gefährdeten Flusskrebsen, die durch ein Promotionsstipendium der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gefördert werden. Wir haben auch Assays für eine Reihe von Neobiota im Bodensee entwickelt und werden die Verteilung ihrer DNA sowohl im Weltraum als auch in der Zeit durch die Analyse kurzer Sedimentkerne testen.

Umwelt-DNA verstehen

Forschungsprojekte